Jürgen Bock – Brückenbauer und Hobbywinzer
Interview mit dem neuen ruhrvalley Partnerschaftssprecher
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ruhrvalley ist für Prof. Dr. Jürgen Bock keinesfalls Neuland – der neue Partnerschaftssprecher hat die Entwicklung des DeepTech Innovationsnetzwerks als ehemaliger Präsident der Hochschule Bochum von Beginn an begleitet. Nun wechselt der passionierte Netzwerker die Perspektive und repräsentiert die Partnerschaft aus Unternehmen, öffentlichen Einrichtungen und den drei Hochschulen für angewandte Wissenschaften, Bochum, Dortmund und Gelsenkirchen sowohl nach innen wie nach außen. Als Wirtschaftswissenschaftler hat sich Jürgen Bock intensiv mit Innovationsprozessen beschäftigt. Im Interview erklärt er, warum Innovationen am besten gemeinsam gelingen, was ihn an der neuen Rolle besonders reizt und was er neben ruhrvalley sonst noch gerne Neues ausprobieren würde.
Die vergangenen sechs Jahre hast du als Präsident die Hochschule Bochum geleitet. Transfer ist neben Lehre, Studium, Forschung und Entwicklung eine wichtige Säule von Hochschulen für angewandte Wissenschaften. Welche Rolle spielt ruhrvalley dabei?
ruhrvalley zeichnet aus, dass im engen Verbund mit Unternehmen innovative Lösungen im Bereich Mobilität, Energie und Digitalisierung gesucht werden. Die Hochschulen für angewandte Wissenschaften haben schon immer Kontakt zu den Unternehmen des (regionalen) Umfelds und zu den sonstigen Multiplikatoren wie Verbänden oder Gewerkschaften gesucht, um eine Zusammenarbeit zu initiieren. Mit ruhrvalley haben wir eine große Chance bekommen, im Bereich der Forschung und Entwicklung angewandt zusammenzuarbeiten und neue Mehrwerte zu realisieren. ruhrvalley ist in diesem Kontext eines der großen Vorhaben, in dem die drei beteiligten Hochschulen ihre Kompetenzen bündeln, um durch diese strategische Allianz mehr erreichen zu können. Über die vergangenen fünf Jahre hat sich daraus ein enges und intensives Netzwerk mit mehr als 100 Unternehmen, Kommunen und städtischen Einrichtungen entwickelt, die interdisziplinär an innovativen Lösungen arbeiten.
Einer deiner fachlichen Schwerpunkte ist das Innovationsmanagement. Vor deiner Zeit in Bochum warst du über mehrere Jahre hinweg geschäftsführender Gesellschafter der Gesellschaft für Innovationsforschung und Beratung in Düsseldorf. Welche Vorteile hat ein Innovationsnetzwerk?
Innovation ist ohne interne sowie externe Kooperation eigentlich nicht denkbar. Im Institut haben wir uns sehr stark mit diesem Zusammenspiel beschäftigt und uns frühzeitig darum Gedanken gemacht, wo letztendlich die Vorteile von Kooperationen liegen. Netzwerke macht naturgegeben aus, dass darin viele unterschiedliche Partnerinnen und Partner zusammenarbeiten. Dabei spreche ich ganz bewusst von Partnern. Denn im Netzwerk sollte gleichberechtigtes Zusammenwirken angestrebt werden, ohne Hierarchien aufzubauen – für mich wichtig, um flexibel, zielorientiert und frei miteinander arbeiten zu können. Ein wesentlicher Vorteil dabei ist, dass die Partner ihre Ressourcen und vielfältigen Kompetenzen bündeln. So können sie Größenvorteile und Skaleneffekte realisieren, die sie alleine nicht auf die Bahn bringen könnten. Das ist gerade für kleine und mittelständige Unternehmen ein großer Vorteil, die häufig nicht die Kapazitäten haben, (angewandte) Forschung zu betreiben.
Wie gelingen nachhaltige Innovationen?
Ohne Strategie geht es nicht. Die strategische Ausrichtung eines Unternehmens oder einer Institution bildet den Orientierungsrahmen für Innovationen. Ein weiterer wichtiger Faktor: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter brauchen bei ihrer täglichen Arbeit Freiräume, um neue Ideen und Lösungsansätze auszuprobieren. Damit dies geschieht, sollte es im Unternehmen eine innovationsfördernde Kultur geben. Denn wenn Innovation von Unternehmensseite aus nicht als wesentliche Aufgabe angesehen wird, dann kann auch niemand erwarten, dass das Team welche entwickelt. Zudem sollten Unternehmen Anreize für Innovationen bieten. Sie müssen nicht unbedingt materieller Natur sein, sondern können auch in dem positiven Gefühl bestehen, einen Beitrag zu einer nachhaltigen Verbesserung im Unternehmen oder in der Kommune geleistet zu haben. Gerade interdisziplinäre Teams sind für erfolgreiche Innovationen von Vorteil. Das ist vergleichbar mit einem Orchester: Eine Flöte hört sich gut an, eine Geige hört sich auch gut an, aber erst das Zusammenspiel der Instrumente ergibt ein tolles Werk. Deshalb ist es für Innovationen vorteilhaft, wenn unterschiedliche Sichtweisen und Gedankenwelten in den Prozess eingebracht werden.
Du bist als passionierter Netzwerker bekannt. Worauf kommt es dir dabei an?
Netzwerken hat viel mit Vertrauen zu tun. Es kommt dabei auf Offenheit und Verlässlichkeit genauso an wie auf Kontinuität. Wichtig ist mir, nicht nur den Kontakt zu meinem Netzwerk zu suchen, wenn ich ein Problem habe oder etwas brauche. Netzwerken ist keine Einbahnstraße, aus der man nur nimmt, sondern in die man auch etwas einbringt. Das benötigt Zeit und Beständigkeit. Das Schöne dabei ist für mich, wenn ich in bestimmten Situationen zu Dritten Brücken bauen kann.
Was reizt dich besonders an der neuen Aufgabe?
Seit 2017 habe ich ruhrvalley immer aus der Perspektive der Hochschulleitungen wahrgenommen. Es reizt mich, all meine Erfahrungen, das Wissen und nicht zuletzt mein Netzwerk in diese neue Aufgabe einzubringen und dabei gleichzeitig die Perspektive zu wechseln. Ich finde es spannend, mehr darüber zu erfahren, was etwa Start-ups oder Kommunen von ruhrvalley erwarten und die vielen verschiedenen Köpfe dahinter kennen zu lernen. Ich freue mich darauf, aus der Zusammenarbeit viele neue Impulse zum Netzwerken zu generieren und so im ruhrvalley neue Partnerschaften anzustoßen. Außerdem ist es mir wichtig, weiter für die Allianz der drei Hochschulen aktiv zu sein. Als DeepTech Innovationsnetzwerk arbeiten wir eng mit den weiteren Initiativen, die mittlerweile aus dem Verbund entstanden sind, zusammen – mit der Ruhr Master School, dem ruhrvalley Start-up-Campus sowie mit der Hochschulallianz Ruhr. Ich wirke gerne daran mit, diese Zusammenarbeit auszubauen und weiterzuentwickeln.
Insgesamt 28 Jahre warst du an der Hochschule Bochum. In diesem Jahr bist du in den Ruhestand gegangen. Was wolltest du schon immer einmal machen und hast jetzt die Zeit dafür?
Es gibt mehrere Dinge. Einige davon habe ich sogar schon gemacht: Ich wollte unbedingt einmal mit einem Passagierschiff über den Atlantik fahren. Das hat inzwischen geklappt. Dann hatte ich mir vorgenommen, einige Tage auf einer Hallig zu verbringen und um mich herum nur das Meer zu haben. Das war auch eine tolle Erfahrung. Nun kann ich mich den nächsten beiden Punkten auf meiner Liste widmen. Ich spiele klassische Gitarre und würde gerne wieder Gitarrenstunden nehmen, um besser zu werden. Zum anderen bin ich mit Freunden im Bereich ökologischer Gartenbau aktiv. Ein Freund von mir besitzt zwei Gewächshäuser, die wir zusammen betreiben und dort unter anderem Wein anbauen. Im nächsten Jahr möchte ich gerne als Praktikant auf ein Weingut fahren und mir einmal anschauen, wie das eigentlich richtig geht.
Prof. Dr. Jürgen Bock
Was Innovationen erfolgreich macht, damit kennt Jürgen Bock sich aus. 1981 schließt der gebürtige Düsseldorfer sein Studium der Wirtschaftswissenschaften mit Schwerpunkt Unternehmensführung und Marketing an der Universität-Gesamthochschule Duisburg ab. Anschließend wendet er sich dem Innovationsmanagement zu und wird Geschäftsführer des Instituts für angewandte Innovationsforschung Duisburg / Bochum und später geschäftsführender Gesellschafter der Gesellschaft für Innovationsforschung und Beratung in Düsseldorf. 1994 kommt er als Professor für Unternehmensführung und Organisation an die Hochschule Bochum und übernimmt hier zahlreiche Aufgaben:
1999 – 2010 Dekan des Fachbereichs Wirtschaft
2010 – 2016 Vizepräsident für Hochschulentwicklung und Marketing
2016 – 2022 Präsident der Hochschule Bochum
Seit Juli 2022 ist er Partnerschaftssprecher des DeepTech Innovationsnetzwerks ruhrvalley. Außerdem engagiert er sich seit März 2022 als Sprecher von UniverCity im Programmbeirat des Haus des Wissens. In der UniverCity Bochum haben sich verschiedene Bochumer Institutionen wie die Stadt oder das Deutsche Bergbau-Museum mit sieben der in Bochum vertretenen Hochschulen zusammengetan, um Bochum als Stadt der Wissenschaft und Bildung zu stärken.